Es scheint irgendwie stets die gleiche Prozedur zu sein. Wenn die Kampfansetzungen eintrudeln schielen Boxer oft und gerne auf die Bilanz ihres Gegners. Entweder machen sie sich dann verrückt, oder wähnen sich in Sicherheit. Fatal manchmal. Dabei sagt ein Startbuch mit samt enthaltener Kampfstatistik wenig über die Qualitäten eines Boxers. Oftmals gar nichts. Aber da können Trainer sich den Mund fusselig reden. Kevin Malsch ist hier das beste Beispiel. Drei mal geboxt, drei mal verloren. Klingt ersteinmal nach einer leichten Nummer. Bei zwei seiner Begegnungen war ich bis heute dabei und durfte gutes Boxen sehen. Zwei knappe Nummern habe ich erlebt.

Kevin Malsch bei den Landesmeisterschaften 2015 in Velten

Ich rufe gern in Erinnerung: bei den Landesmeisterschaften am 14. März 2015 in Velten verlor Kevin im Halbfinale gegen den starken Fürstenwalder Djalil Asachow. Der selbe Asachow übrigens, der unseren Martin Schulz dann im Finale ausgeknockt hat. Ein Jahr später dann in Schwedt, wieder Landesmeisterschaften, am 19. März 2016 war das, gegen einen überzeugenden und motivierten Luis Fürst vom Gastgeber UBV 48 Schwedt. Nach Punkten verloren. Von diesen Niederlagen hat er sich nach außen hin nie runterziehen lassen, da er viel zu viel Freude am Boxsport hat. Trainer Jörg Runge kennt seine Qualitäten. Dieses gute Verhältnis beruht auf Gegenseitigkeit. Kevin schaute nach vorn, übte weiter und half sogar beim Training anderer Sportsfreunde und wenn alles so läuft, wie geplant, wird Kevin demnächst auch seinen Trainerschein machen. Umso mehr musste heute vor heimischem Publikum in Strausberg auch ein Sieg her.

Ringrichter Rainer Philipp, Kevin Malsch und Trainer Jörg Runge

Sein Gegner in diesem Finalkampf in der Kategorie „Männer A bis 69 kg“ war Sebastian Müller und stand in der blauen Ecke. Er bestritt laut Ansetzung seinen Debutkampf und trat für die Gladiator Akademie „Jiu Jitsu Kids“ aus Brandenburg an der Havel an. Eigentlich sollte Kevin am Vortag gegen Sami Zarrabi im Halbfinale antreten. Gleiches gilt für Sebastian Müller, für den als Gegner Antoni Nowak vom SV Preußen Frankfurt (Oder) gesetzt war. Doch erstens kommt es bei Turnieren anders, und zweitens als man denkt.

Gong. Die erste von angesetzten 3 x 3 Minuten begann zu laufen. Sebastian nutzte seine etwas längeren Arme, saubere Geraden in Richtung Kopf und Körper, doch Kevin blieb sehr beweglich. Sebastian schlug schnell und Kevin, der nur deckt, wenn er es für nötig hält, parierte gekonnt oder wich aus. „Jetzt mach doch mal.“ rief Jörg Runge in den Ring und Kevin wurde aktiver. In der Mitte der ersten Runde setzte Kevin eine gut platzierte Rechte an den Kopf, deutlich hörbar. Die war drin, auch wenn sich Sebastian bemühte, sich nichts anmerken zu lassen. Ringrichter Rainer Philipp erkannte den Wirkungstreffer sofort und zählte an. Das brachte etwas Luft. Sebastian bewies Nehmerqualitäten, machte einen zähen Eindruck und hielt die Fäuste oben. Kevin erhöhte nun deutlich den Druck. In der zweiten Hälfte wurde die Partie hitziger, der Schlussgong wurde gar überhört. Die erste Runde hatte Kevin also schon mal im Gepäck.

Unklug wäre es gewesen, sich allzu sicher zu fühlen, denn Sebastian blieb gefährlich. „Lass die Fäuste oben“, rief Bernd Hinz als Zuschauer, wohl das gleiche denkend. Dann wieder eine harte Rechte von Kevin, auf die gleiche Stelle und Sebastian wurde das zweite Mal angezählt. Ein zäher Kämpfer, denn weiter ging’s. Der-kann-nicht-mehr-Rufe aus dem Fanblock, zu Unrecht, denn Sebastian schien konditionell voll auf der Höhe. Jetzt fängt Kevin eine Rechte von Sebastian, aber alles im grünen Bereich. Sie schien nicht weh getan zu haben. Links, rechts und oben drauf ein Körpertreffer, gut platziert auf die Leber. Sebastian geht zu Boden. Das Handtuch fliegt auch noch. Der Kampf ist aus. Sieger durch RSC: Kevin Malsch. Na endlich! Ein verdienter Landesmeister Titel. Gold für Strausberg. Wir gönnen es Dir von Herzen. Glückwunsch auch an Jörg Runge und beste Grüße nach Brandenburg an der Havel. Wir sehen uns wieder.

Faire und sportliche Gesten nach dem Kampf zwischen beiden Kontrahenten rundeten das Geschehen angenehm ab. So muss Sport und nicht anders. Tolles Publikum und anheizende Stimmung. Hat Spaß gemacht.

Daniel Kuss